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Datenschutz im Auto? Das weiß Ihr Fahrzeug über Sie

sh | stvo.de – 29.11.2016
Bildquelle: © Trueffelpix – Fotolia.com

Datenschutz im Auto? Das weiß Ihr Fahrzeug über Sie

Der Mörder wird geschnappt, weil das GPS in seinem Auto ihn verrät: Was in Serien und Filmen teilweise der Kreativität der Drehbuchschreiber zugeordnet wird, ist fast schon Realität auf den Straßen. Denn das Auto von heute sammelt inzwischen zahlreiche Daten, von denen der Fahrer nichts mitbekommt. Schon gewusst, dass nicht nur die Navigationssysteme den Standort melden, sondern sogar auch die Häufigkeit der Scheinwerfernutzung gespeichert wird?

 

Der gläserne Fahrer: Diese Daten sammelt ihr Auto

Die Autos auf den deutschen Straßen werden immer moderner. Mit einem Autokredit wie diesem, ist es heutzutage ein Leichtes, die fortschrittlichsten Pkws zu finanzieren. Mit Einparkhilfe, Navigationssystem und automatische Reifenkontrolle tummeln sich daher zahlreiche Assistenzsysteme auf deutschen Straßen, die dem Fahrer das Leben einfacher machen sollen. Die Krux: Nur die Fahrzeughersteller wissen genau, welche Daten gesammelt und gespeichert werden. Der Fahrer selbst bekommt kaum etwas davon mit.

So werden bei manchen modernen Autos unter anderem alle zwei Minuten die GPS-Position an den Hersteller übertragen, aber auch Kilometerstand, Reifendruck und Verbrauch übermittelt. Das Airbag-Steuergerät zeichnet wichtige Daten für den Fall eines Unfalls auf: Geschwindigkeit und Beschleunigung sowie die Pedalstellung von Gas und Bremse. Fehler im Betriebssystem werden ebenso gespeichert, wie angefahrene Ziele und Parkplätze. Wie oft wurde der Gurt wegen starken Bremsens gestrafft? Wie lange brennt das Licht am Fahrzeug? Wie oft wechselt der Fahrer die Musik-CD? Auch das weiß so mancher Autokonzern.

Wird das Handy mit dem Auto verbunden, könnten auch Auslesungen von Namen, Anschriften und Telefonnummern möglich sein. Bei elektronischen Wagen wird erfasst, wie oft der Ladestecker eingesteckt wurde, wie die Reichweiten betragen und die Positionen der Ladestationen. Aber auch das Aufladen der Batterie kann mittels Datenübertragung unterbunden werden – wenn beispielsweise ein Fahrzeugleaser im Rückstand mit den Raten ist. Und sogar die Fensterstellung wird elektronisch überwacht – so manches Auto sendet Daten darüber, ob Tür oder Fenster geschlossen sind.

 

Vorteil oder Nachteil? Nutzung der Datenspeicherung

All diese Datensammlung sind in einer ADAC-Studie bei vier untersuchten Modellen aufgefallen. Doch mit ihnen ist es ein zweischneidiges Schwert. Denn die Sammlung der Daten bringt natürlich Vorteile und Komfort für den Fahrer. So wird er automatisch an anstehende Wartungen und Untersuchung erinnert. Das GPS ermöglicht, das Auto in einer fremden Stadt wieder zu finden. Bei Unfällen können die Ursachen besser nachvollzogen werden und der Airbag weiß dank aufgezeichneter Daten genau, wann er ausgelöst werden muss. Auch das automatische Übernehmen des Fahrens durch das System bei Unfallgefahr, das in so autonomen Modellen bereits getestet wird, kann nur durch die Datenerfassung möglich sein. In diesem Fall könnten Unfälle sogar verhindert werden. In den letzten Monaten häuften sich auch Gerichtsurteile, bei denen solch aufgezeichnete Daten einen Unfallverursacher überführten.

Doch die Erfassung bringt auch Nachteile mit sich. Angesichts steigender Zahlen und vermehrter Schlagzeilen über Häcker und Datenklau macht sich so mancher Autofahrer Sorgen. Ist er nun gläsern? Das Fahrverhalten könnten die Autokonzerne an Versicherungsdienstleister weiter leiten, die dann ihre Prämien entsprechen anpassen könnten. Der ADAC fordert daher aktuell eine vollständige Transparenz: Der Fahrer soll und muss wissen, welche Daten in seinem Wagen gesammelt und gespeichert werden. Zudem soll er selbst auch einen freien Zugang bekommen und die Weiterleitung und Verarbeiten von nicht vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Daten unterbinden können – so nur einige Forderungen.

 

Datenschutzrecht: grauer Bereich für Autodaten

Auch andere Datenschützer fordern bessere Regeln. Aktuell ist die Rechtlage schwammig: Konzerne dürfen keine personenbezogenen Daten sammeln oder Daten nutzen, um personalisierte Bewegungsprofile zu erstellen. Die Datenspeicherung im Wagen ist von Natur aus für technische Zwecke, jedoch ist es ein leichtes, sie mit Fahrzeugidentifikationsnummer und Co zu personalisieren. Aus diesem Grund haben sich Datenschutzbehörden und der Verband der Automobilindustrie Anfang des Jahres auf eine gemeinsame Erklärung geeignet.

In dieser ist festgelegt, dass die Daten als personengebunden gelten, sobald sie mit Identifikationsnummer und/oder dem Kennzeichen verknüpft werden. Auch ein unentgeltliches Auskunftsrecht soll der Halter bei erhobenen und gespeicherten personenbezogenen Daten erhalten. Zudem soll der Fahrer mehr Selbstbestimmung bekommen – zum Beispiel durch Informationen und Beteiligung über das Display im Wagen. Doch dies ist bisher nur eine Erklärung – kein Gesetz.

 

Immer weiter: Zunehmende Technologisierung nicht aufzuhalten

Dabei ist der Fortschritt auf deutschen Straßen nicht aufzuhalten. Kameratechnik in den Autos ermöglicht die ungefragte Aufzeichnung. Das Smartphone kann die Fehler im System auslesen und schlüssellose Wagen sind bereits Realität. Das „Institut of Elektrival and Elektronics Engineers“ sagt voraus, dass 60 Prozent aller Pkw im Jahr 2025 mit dem Internet verbunden sein werden und 75 Prozent bis 2040 sogar führerlos sein werden. Denn das autonome Fahren ist eine greifbare Vision, die die Hersteller derzeit verfolgen.

Tröstlich mag es da für so manchen Autofahrer sein, dass das Verkehrsministerium an einem Gesetz arbeitet. Dieses soll den Umgang mit den Daten aus teil- und voll automatisierten Pkws regeln. Doch bis dies vorgelegt wird, wird so mancher Autofahrer noch zahlreiche Kilometer auf der Autobahn zurücklegen.